Anne Gaidies
Meine Begegnungen


Margarethe Krieger, Zeichnerin
Otto Wilhelm Fischer, Schauspieler
Hans-Jürgen Syberberg, Regisseur
Christoph Schlingensief, Schauspieler, Regisseur
Jonathan Meese, Künstler
Oskar Werner, Schauspieler
Achim Benning, Burgtheaterdirektor
Walter Schmidinger, Schauspieler
Heinrich Schweiger, Schauspieler
Josef Meinrad, Schauspieler
Ernst Fuchs, Maler
Klaus-Peter Heß, Freier Journalist
Helga Westphal, Ruth Leuwerik-Archiv
Ruth Leuwerik, Schauspielerin
Luise Leuwerik, geb. Sokolowski, Mutter
Carl Raddatz, Schauspieler
Thomas Holtzmann, Schauspieler
Georg van Almsick, Galerist
Frederick Marvin, Konzertpianist
Rolf Hoppe, Schauspieler
Rolf Hochhuth, Dramatiker
Rudolf Schock, Sänger
Barbara Rütting, Schauspielerin
Michael Mendl, Schauspieler
Otto Sander, Schauspieler
Roger Willemsen, Publizist
Michael Degen, Schauspieler
Sergiu Celibidache, Dirigent
Wilfried Schmickler, Kabarettist
Robert Kreis, Entertainer, Kabarettist
Matthias Habich, Schauspieler
Burghart Klaußner, Schauspieler
Christiane Hörbiger, Schauspielerin
Ewald Balser, Schauspieler
Evgeny Kissin, Konzert-Pianist
Lars Eidinger, Schauspieler
Mario Adorf, Schauspieler
Thomas Thieme, Schauspieler
Udo Samel, Schauspieler
Katharina Thalbach, Schauspielerin
Rolf  Escher, Maler
Annemarie Hülsbömer, Malerin / Zeichnerin
Olga Scheps, Konzert-Pianistin
Udo Lindenberg, Sänger








Margarethe Krieger,    Heidelberg
Kunsthistorikerin, Grafikerin und Illustratorin.

Ich durfte ihr begegnen!
Ja, so muss es geschrieben werden, denn es war ein großes Glück für mein Leben.
Auf sie aufmerksam wurde ich durch ein Büchlein „Wort und Traum“ Gedichte – Zeichnungen. Ihre hierin zu sehenden Illustrationen von Oskar Werner waren überwältigend für mich. Wie erfasste jemand auf diese Weise den Blick, die Haltung, das (künstlerische) Wesen eines Schauspielers und Menschen? Wem fließen aus Kopf, Herz, Arm und Hand diese Rohrfederstriche, diese mit Tusche gezeichneten Linien und Bögen zu einem solchen Ausdruck tiefster Wesentlichkeit zusammen, um dies Erstaunen beim Betrachter auszulösen?
Ich fasste mir ein Herz und rief Margarethe in Heidelberg an. Im August 1987 kam es zu einer ersten Begegnung. Ich wurde auf „Herz und Nieren“ geprüft, ob dieser Schritt weiterhin Bestand haben könnte. So legte ich mein kleines Fachabitur bei ihr ab und konnte vor allem mit der Aufarbeitung meiner „Hamlet-Dokumentation“ bei Margarethe punkten. Am Landestheater Salzburg hatte Oskar Werner 1970 seinen „Hamlet“ in legendärer Besetzung (Antje Weisgerber, Ewald Balser, Matthias Fuchs, Christiane Schröder, Peter Matic, Fred Liewehr) aufgeführt. Er selbst führte Regie und spielte die Hauptrolle. Proben- und Aufführungsfotos waren von mir in großer Menge und mit viel Geld bei Foto Fayer, Salzburg, erworben worden. In meiner Dokumentation hatte ich Szenentext und Foto gegenübergestellt und auf diese Weise die Aufführung durchgängig und chronologisch festgehalten. Wie sich im Nachhinein zeigen sollte, hatte Margarethe ebenfalls Szene für Szene gezeichnet und Jahre zuvor bereits mit ihrem "Hamlet-Zyklus" geschaffen.
Ich hatte meine Prüfung bei Margarethe bestanden und es begann eine für mich über alle Maßen prägende Begegnung mit einer Künstlerin, die erst mit ihrem Tod im Jahr 2010 endete. Sie erlitt 2004 einen Schlaganfall und zeichnete selbst danach unermüdlich weiter. Allerdings waren diese Bilder von gänzlich anderer Qualität. Sie benutzte den Bleistift; jeglicher Ausdruck war filigraner, weicher, durchsichtiger, von jenseitiger Transparenz und vollkommen innerlich. Ihre Figuren waren Menschen ohne öffentliche Bedeutung. Es waren Kreaturen, die bereits gelöst von allem Irdischen waren – reduziert auf ihr bloßes Wesen.
In den 23 Jahren unserer Zeit geschah Unglaubliches: Durch sie lernte ich den Regisseur Hans-Jürgen Syberberg kennen, ich wurde zu O. W. Fischers Schriftführerin (wie er mich selber nannte!), meine subalternen Beteiligungen an Margarethes Buchveröffentlichungen nicht zu vergessen, für zahlreiche Vernissagen fuhr in nach Heidelberg, Ihre Texte durfte ich in vortragswürdige optische Form bringen, sie öffnete mir Wege zu Michel Simon, Klaus Löwitsch, Karl Krolow, Werner Krauß, Peter Pasetti, und, und, und  – Alles in Allem: Ich durfte durch ein Fenster in den Olymp der Schauspieler, Schriftsteller und Musikanten schauen.
Ihr Nachlass wird von der Stadt Kraichtal verwaltet. Im Graf-Eberstein-Schloss, Gochsheim, ist ein Großteil Ihrer Zeichnungen zu sehen. Wechselnde Ausstellungen erinnern an diesen wunderbaren Menschen und an diese besondere Künstlerin, der ich unendlich viel verdanke.

 

 

 

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O. W. Fischer   (Professor Otto Wilhelm Fischer), Vernate, Tessin
Schauspieler

Als Teenager musste man Filme mit O.W. Fischer gesehen haben!
Es faszinierten mich sein sinnendes Spiel, die Darstellung dämonischer Gestalten, die grüblerische Ausstrahlung, sein verführerischer Charme, sein zwingendes in den Bann ziehen, seine Unwiderstehlichkeit und natürlich sein unglaublich gutes Aussehen, das keiner Frau verborgen blieb.
Ganz besonders waren es die Filme
„Das letzte Rezept“, „Bis wir uns wiedersehen“, „Der träumende Mund“, „Ein Herz spielt falsch“, „Solange Du da bist“, „Bildnis einer Unbekannten“ und am eindringlichsten „Ludwig II“.
Ich ahnte damals nicht, dass ich im Jahr 2000 „seine Schriftführerin“ für das Buch „Meine Geheimnisse / Erinnerungen und Gedanken“ werden sollte. Margarethe Krieger hatte seine persönliche Bekanntschaft gemacht und aus dieser Begegnung erwuchs zu ihm eine Freundschaft mit dem Ergebnis der Veröffentlichung des oben genannten Buches. Meine Aufgabe war es, den Text für den Verlag Langen-Müller zu schreiben, zu formatieren und in digitaler Form vorzulegen.
Ein Nachwort im Klappentext und zwanzig eindrucksvolle Zeichnungen von Margarethe flankieren O.W. Fischers Ausführungen zu Einblicken in seine Lebensphilosophie, seine Schauspielkunst, seine Erkenntnisse über sein ungewöhnliches Leben und seine visionäre Gedankenwelt.


 

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Hans-Jürgen Syberberg, München / Nossendorf
Regisseur

„Fahre doch mal zu Hans-Jürgen Syberberg“, sagte Margarethe Krieger auffordernd zu mir, ohne dass ich eine wirkliche Wahl gehabt hätte. „Ich kenne ihn gut und habe mit ihm zusammen das Project ‚Cave of Memory‘ für die ‚Documenta X‘ erarbeitet. Mein gezeichneter ‚Faust-Zyklus‘ von 1996 ist hier integriert, Du wirst begeistert sein.“ Das war in Stein gemeißelt und so besuchte ich Hans-Jürgen Syberberg im August 1997 das erste Mal in seinem privaten, sehr persönlichen Refugium in München. Seine Frau Elisabeth, die Österreicherin war, hatte einen ganz formidablen Gugelhupf gebacken und ich hatte eine kleine Kräutersammlung, nebst Dürers Postkarte „Das große Rasenstück“, als Gastgeschenk zusammengestellt. Natürlich war auch Oskar Werner Gesprächsthema, denn Hans-Jürgen Syberbergs Ehefrau war natürlich eine waschechte Wienerin.
Nach dem ersten Besuch folgten viele weitere Begegnungen – allerdings nicht mehr in München, sondern in Nossendorf (dort stand Hans-Jürgen Syberbergs wieder erworbenes und selbst restauriertes Elternhaus) und vor allem bei vielen weiteren künstlerischen Aktionen wie Filmretrospektiven, Movimentos 2006, Thema Heimat (Wolfsburg), Paris (Centre Pompidou) etc..
Für die im Centre Pompidou installierte Ausstellung und Retrospektive im Mai 2003 entstand ein Ausstellungskatalog „Nossendorf, Paris, Syberberg“,  für den ich ihm zuarbeiten durfte. Viele subalterne Verrichtungen meinerseits, fanden sich in diesem Katalog wieder und ich wurde sogar namentlich auf der Umschlagseite genannt. Das war ein kleines Highlight.

Hans-Jürgen Syberberg ist ein Meister der synergetischen Effekte. Als Vertreter des „Neuen Deutschen Films“ ist sein filmisches Oeuvre besetzt von Themen zu Hitler, Karl May, Ludwig II von Bayern, Parsifal, Penthesilea und Deutschland und das klassizistische Preußen.
Alle von ihm gedrehten Filme sind über seine Homepage käuflich zu erwerben, so auch das spektakuläre Interview, das Hans-Jürgen Syberberg im Jahr 1975 mit Winifred Wagner in Bayreuth aufgenommen hat.

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Christoph Schlingensief,  Oberhausen / Berlin
Regisseur, Autor, Aktionskünstler

Im Rahmen einer Ausstellung in der „Akademie der Künste“, 2006, Berlin, waren neben Hans-Jürgen Syberberg auch Christoph Schlingensief und Jonathan Messe anwesend. Meine Kamera suchte im Pool der prominenten Künstler Christoph Schlingensiefs Gesicht und hielt es in der hier zu sehenden Aufnahme fest. Er entdeckte mich (es war nicht unsere erste Begegnung!) kam auf mich zu und sagte keck „Ach, sie schon wieder“. Ich habe es als unbedingtes Kompliment aufgefasst, denn immerhin hatte er mich hinter meinem Objektiv als Verfolgerin seiner Person im öffentlichen Raum wahrgenommen. Ein sehr kurzes Gespräch fand seine Fortsetzung im Restaurant Tucher, schräg gegenüber der Akademie der Künste, gleich neben dem Brandenburger Tor. Der Abend ist verbal nicht zu reflektieren, da dicht, kompakt, homogen und von absoluter Einmaligkeit geprägt.
Natürlich interessierte ich mich für Christoph Schlingensiefs Arbeiten! Besonders berührt hat mich seine Parsifal-Regie-Arbeit 2007 in Bayreuth, über die er in einem Interview in der „Welt“ sagte:
„Ich bin damit in eine gewisse Todesnähe gerutscht, die mich stark angegriffen hat! Die andauernde Beschäftigung über Jahre mit dieser Todesnähe im Parsifal-Stoff, das wurde fast zu viel. Wenn man permanent auf eine Stelle haut, dann wird sie wund und bricht irgendwann mal auf. Ich habe mir in Bayreuth, als der Krebs schon zu wachsen begann, ein paar Dinge erlaubt, die nicht zu meinem Naturell gehören. Dagegen lehnt sich auch der Körper auf. Man fährt wahrscheinlich sehr oft nach Bayreuth, nicht um zu leben, sondern um zu sterben.“
Christoph Schlingensief verstarb mit 49 Jahren an Lungenkrebs.









Jonathan Meese, Berlin
Aktionskünstler


Meine persönliche Begegnung mit Jonathan Meese fand ebenfalls im Jahr 2006 im Restaurant Tucher, Berlin, statt.
Er machte damals schon mit Installationen, Performances und Aktionen in der Kunstszene auf sich aufmerksam.
Im Zentrum seines Oeuvres steht Meese selbst: entweder in Form von Selbstporträts oder verkleidet in Persona, in Aktionen, Collagen, Zeichnungen und Bildern.
2016 scheiterte die ihm angebotene „Parsifal“-Regiearbeit in Bayreuth an der Erfüllung der Vorgaben für die Neuinszenierung. Diese seien nicht finanzierbar. Jonathan Meese nannte die Absagegründe vorgeschoben. Es gehe um Macht, Selbsterhalt und künstlerische Einschüchterung durch Bayreuth.
Bis heute ist er mit seinen skurrilen, extravaganten und bizarren künstlerischen Arbeiten zu erleben.












Oskar Werner,   Wien 
Schauspieler
 

Während der Salzburger Festspiele im Jahr 1983 hörte ich, auf dem Sofa einer guten Bekannten sitzend, das erste Mal die Stimme von Oskar Werner. Er sprach Gedichte von Georg Trakl, Heinrich Heine und Antoine de Saint-Exupéry. Es war für mich ein Moment unbegreiflicher Vereinnahmung durch seine Stimme, eine Initialzündung, aus der Funken, Blitze, Erschütterungen, Beharrlichkeit, Bewunderung und vor allem eine fast 30-jährige Suche seiner Lebensspuren resultierte. Es war ein Sog der Neugierde im allerbesten Sinn, der mich nicht nur seine künstlerischen, sondern auch menschliche Facetten hat erfahren lassen. Beides hat Maßstäbe für mein eigenes Leben gesetzt, so seine Unbestechlichkeit, seine unabdingbare Wahrheitstreue, insbesondere zum künstlerischen Werk und auch sein Mut, seine (Zivil-)Courage, nicht dem Strom der Anspruchslosigkeit zu folgen.

Neben Margarethe Krieger hat mich nichts in meinem Leben so stark geprägt, wie diese „Begegnung“.
Wie habe ich es bedauert, ihn nicht mehr in seinem letzten Lebensjahr kennengelernt zu haben. Es wäre noch möglich gewesen! Wäre ich damals, eben 1983, in der Geburtsstunde meiner Obsession, in die knapp 100 Kilometer entfernte Wachau gefahren, hätte ich ihn als „Prinz von Homburg“ im Rahmen seines von ihm selbst organisierten Festivals, erleben dürfen. Ein filmisches Dokument hiervon zeigte Hans-Jürgen Syberberg im Rahmen seines Documenta-Beitrages „Cave of Memory“ als bedeutendes und von ihm uneingeschränkt anerkanntes Gegenstück zur damaligen „Theater-Moderne“. Die seinerzeitige Presse verriss dieses Festival, natürlich auch den „Prinzen von Homburg“. Syberberg verstand es eben transzendent zu sehen und zu bewerten.
Oskar Werner starb 1984 in Marburg, vor einer angesagten Dichterlesung.

Durch meine Spurensuche und Beschäftigung mit Oskar Werner wurde ich beteiligt oder war auch Initiatorin an folgenden Aktionen:
• Juli 1992, Zusammenarbeit mit der Max-Reinhardt-Forschungs-und Gedenkstätte, Salzburg, Ausstellung zum 70sten Geburtstag von 
 Oskar Werner
• Mai 1994, Zusammenarbeit mit Schloss Grafenegg, Krems / Österreich, Ausstellung Oskar Werner
• Oktober 2002, Zusammenarbeit mit dem Theatermuseum Wien, Beitrag „Faszination einer Stimme“ im Ausstellungskatalog „Welch einen sonderbaren Traum träumt‘ ich…..“, Verlag Brandstätter 2002
• Oktober 2012, Zusammenarbeit mit dem ORF, Produktion der CD „Gedichte gegen den Krieg“/Oskar Werner, Schreiben des kompletten Cover-Textes

Meine umfangreiche Oskar Werner Sammlung ist nach 30 Jahren Sammel-Leidenschaft in den Fundus des „Filmarchiv Austria“, Wien, übergegangen.





 

 

 






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Achim Benning, Wien
Burgtheater-Direktor, Schauspieler, Regisseur

Im Jahr 1970 inszenierte, spielte und führte Oskar Werner Regie im Shakespeare Stück „Hamlet“. Zur Festspielzeit wurden die Aufführungen im Juli / August im Landestheater Salzburg aufgeführt. Sein von ihm gewählter Schauspielstab war hochkarätig besetzt mit Antje Weisgerber (Getrud), Ewald Balser (Claudius), Fred Liewehr (Polonius), Matthias Fuchs (Laertes), Christiane Schröder (Ophelia) und eben Achim Benning als sein einzig wahrer Freund Horatio. Hamlet (Oskar Werner) vertraut ihm bedingungslos und Horatio war der einzig wichtige Charakter, der im Stück überlebt.

Anlässlich der Ausstellung „Oskar Werner – Welch einen sonderbaren Traum träumt‘ ich“, ab Oktober 2002, im Österreichischen Theatermuseum, Wien, durfte ich ein etwas längeres Gespräch mit Achim Benning führen. Natürlich konzentrierten sich meine Fragen auf die „Hamlet“-Aufführung, die Regiearbeit von Oskar Werner und die Darstellung seines Horatio in der Salzburger Aufführung.
Ein viel späteres Zitat von Achim Benning kommt dem Resümee dieses Gespräches am nächsten: „Oskar Werner war für mich einer der bemerkenswertesten, traurigsten und ganz schwer erklärbaren Schauspieler.









Walter Schmidinger, Österreich
Schauspieler

„Mit den Zugvögeln fort“, ein Portrait über Walter Schmidinger, aus dem Jahre 2006 von Andrea Eckert, das das 3-Sat-Fernsehen ausstrahlte, faszinierte mich über alle Maßen, so dass ich mich ganz spontan an die Begegnung im Schloss Arenberg, 1992 in Salzburg, erinnerte, wo ich Walter Schmidinger das erste Mal gegenüberstand und ein Autogramm von ihm erbat. Die hier entstandenen Fotos signierte er ein zweites Mal bei einer weiteren Begegnung, deren Zeitpunkt mir entfallen ist. Es muss kurz vor seinem Tod, ungefähr 2012 gewesen sein, denn die zu sehende Unterschrift ist von Krankheit und Schwäche gezeichnet. Die mir nachfolgende Person, die ebenfalls um ein Autogramm bat, hatte keinen Erfolg mehr. „Es ist jetzt gut“ sagte Walter Schmidinger, und so ist dieses Dokument umso wertvoller für mich.
Walter Schmidinger war ein begnadeter „Nestroy“-Darsteller. Im November 2006 erhielt er den Nestroy-Theaterpreis für sein Lebenswerk. Die Laudatio hielt damals Klaus Maria Brandauer.
Gerhard Stadelmaier, der deutsche Theaterkritiker (FAZ), charakterisierte Walter Schmidinger im Jahr 1993 wie folgt: „Der Schauspieler Walter Schmidinger, der hagere Hüne mit der sensibel beseelten Cholerik, ist unter den Königen der Schauspielkunst der große Narr und unter ihren Narren ein einsamer König. Er ist zu sehr schwerer Kobold, um als Tragiker unterzugehen, und zu sehr federnd leichter Trauerkloß, um als Scherzkeks aufzugehen. Er hält die Mittellage als Kippfigur auf des Messers Schneide.

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Heinrich Schweiger, Österreich
Schauspieler

Meine Begegnung mit Heinrich Schweiger fand ebenfalls im Schloss Arenberg, Salzburg, im Rahmen der Oskar Werner Ausstellung (70. Geburtstag) im Jahr 1992 statt. Heinrich Schweiger hatte mit ihm 1960 auf der Bühne des Burgtheater gestanden und die Rolle Heinrich II. im Anouilh-Stück „Becket oder Die Ehre Gottes“ dargestellt.
Heinrich Schweiger war auch ein leidenschaftlicher Hobbyfotograf und veröffentlichte 1995 gemeinsam mit seiner Frau den Fotoband „Bilder eines Schauspielers, Fotos und Theatergeschichten“. Heinrich Schweiger präsentierte sich hiermit als kenntnisreicher Bühnenchronist. Oskar Werner war natürlich neben zahlreichen anderen Kollegen auch vertreten.

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Josef Meinrad, Österreich
Schauspieler

Die damalige Ausstellung im Jahr 1992 zum 70. Geburtstag von Oskar Werner, die in einer unendlich akribischen und äußerst liebevollen und umfangreichen Art und Weise von Frau Dr. Gisela Prossnitz, Max Reinhardt-Gedenk- und Forschungsstätte, Salzburg, gestaltet wurde, zog die zum damaligen Zeitpunkt österreichische Prominenz wie ein Magnet zuhauf an. Der damalige Bundespräsident von Österreich, Thomas Klestil, eröffnete persönlich die Präsentation und erwähnte sogar meinen Namen als Mitarbeiterin dieser Ausstellung. Ob da wohl jemand stolz war?

So war unter den posthumen Gratulanten auch Josef Meinrad mit seiner Frau angereist. Man erinnert sich sofort an den tollpatschigen Gendarmerie-Major Böckl, den treuen Diener Elisabeths, in den Sissi-Filmen. Ob unten vor dem Schloss Arenberg sein Rolls-Royce „Silver Shadow“ stand, entzog sich meiner Kenntnis. Es war wohl die einzige Unbescheidenheit, die Josef Meinrad zeitlebens auszeichnete. Er war Iffland-Ring-Träger, eine Auszeichnung, die er von Werner Krauß erhalten hatte, als den bedeutendsten und würdigsten Bühnenkünstler. Josef Meinrad selbst hat diese Ehrung an Bruno Ganz weitergegeben.

In Erinnerung ist mir ein sehr freundliches, ja, sogar herzliches Gespräch mit „Peppi“, das losgelöst von allem Trubel stattfand, ganz so, als ob niemand weiteres im Raum anwesend sei. Und meine Bitte um ein Autogramm wurde trotz seines damaligen Alters von fast 80 Jahren unter den strengen Augen seiner Gattin gern erfüllt.

 










 

 

Ernst Fuchs, Wien,

 Maler


„Zwischen den Jahren“ (Dezember 1998) fuhren meine Freundin Helga und ich täglich an der Fuchs-Villa in Hütteldorf / Wien mit dem Bus vorbei. Dieses Haus präsentierte das Bild eines opulenten, fantastischen Musentempels, das uns eines Tages veranlasste, an der vor dem Haus nahen Haltestelle auszusteigen um uns auf recht freche Art und Weise über den Garten Zugang zum Grundstück zu verschaffen. Ernst Fuchs selbst hatte uns entdeckt, kam aus dem Haus und fragte welche Neugierde uns diesen ungewöhnlichen Weg hatte nehmen lassen und bat uns tatsächlich in sein sagenhaftes Refugium. Nach einer persönlichen Hausführung, die uns sprachlos werden ließ, durften wir auf einer Bank sitzend seiner Malkunst zuschauen. Hier erfuhren wir, dass er im Jahr 1985, also posthum, ein Porträt von Oskar Werner angefertigt hatte und dieses wiederrum von Falco später erworben wurde.

 

Es existiert Filmmaterial aus dem Jahr 1987 -ein Dialog zwischen dem Maler Ernst Fuchs und Falco-, das hierüber Zeugnis ablegt. Das filmische ungeschnittene und unbearbeitete 20-minütige Dokument gibt preis, dass Falco Oskar Werner als großes Vorbild gesehen hat.
Für meine Freundin und mich war es zweifellos eine Sternstunde, die der Götter-Olymp Wien uns wieder einmal schenkte.

   

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Klaus-Peter Heß, M.A., Münster / Gelsenkirchen
Freier Journalist

Das Jahr 1994 war in Münster filmisch geprägt von der Tatsache, dass aufgrund der Initiative von Helga Westphal im Stadtmuseum, der Filmwerkstatt und den Kino-Häusern der siebzigste Geburtstag der Schauspielerin Ruth Leuwerik gefeiert wurde. Ruth Leuwerik selbst besuchte Münster,  und es fand ihr zu Ehren nach der Ausstellungseröffnung im Stadtmuseum ein Empfang im Cafe Grotemeyer statt. Hier lernte ich Klaus-Peter Heß kennen. Seinen Namen hatte ich unzählige Male in der "Kino aktuell" und den Filmkritiken in der Münsterschen Zeitung gelesen, wenn er als Publizist und Redakteur für Artikel aus den Bereichen Kultur (mit den Schwerpunkten Film und Musik) zeichnete. Durch die Vorbereitungszeit zu dieser Ausstellung war mir bekannt, dass der gleichzeitig erschienene Filmkatalog "Ruth Leuwerik - Schwarm und Ideal eines Jahrzehnts" über die Herausgabe durch die Filmwerkstatt Münster und deren Mitarbeiter deutlich seine maßgebliche Handschrift trug. Diese Tatsache war vor allem der intensiven, akribischen und nachhaltigen Zusammenarbeit mit Helga Westphal geschuldet. 

Was fiel mir seinerzeit auf, dass Klaus-Peter Heß nun Einzug auf meiner Homepage hält?  
Völlig unkompliziert, aber mit kritisch scharfem Blick, konnte man sich ihm nähern. Schnell wurde seine Eloquenz und sein fundiertes Wissen deutlich. Parallel dazu war seine Leidenschaft, fast Obsession, zum Film und zur Musik mit beinahe liebevoller (Un)Aufdringlichkeit zu erkennen. Man lernte, ohne es zu wollen, man wurde neugierig, ohne provoziert zu werden, man besuchte Filme, ohne Zeit (und Geld) dafür zu haben, und man wurde reicher, ohne Haus und Auto zu besitzen. 

Klaus-Peter Heß auf Ruth Leuwerik festzulegen, wäre ein fataler Fehler. Er führte Interviews mit Fatih Akin, Barbara Auer, Michael Ballhaus, Ben Becker, Iris Berben, Frank Beyer, Pierre Brice, Martin Brambach, Wolf Biermann, Moritz Bleibtreu, Michael Degen, Hanns Eckelkamp, Hannelore Elsner, Götz George, Hannelore Hoger, Joachim Król, Hardy Krüger, Manfred Krug, Paul Kuhn, Gudrun Landgrebe, Dani Levy, Peter Lohmeyer, Heike Makatsch, Franka Potente, Axel Prahl, Rosa von Praunheim, Ilja Richter, Peter Schamoni, Volker Schlöndorff, Dietmar Schönherr, Werner Schroeter, Paul Spiegel, Katharina Thalbach, Margarethe von Trotta, Francois Truffaut, Tom Tykwer, Joseph Vilsmaier, Jürgen Vogel, Wim Wenders, Bernhard Wicki, Roger Willemsen, u.v.a.

Das Interview mit Pierre Brice muss Klaus-Peter Heß einige Adrenalin-Stöße mehr durch sein Blut gejagt haben. Der Grund lag in seiner Vergangenheit, besser in seinen Kindertagen, in denen er als neunjähriger Junge mit heißem Herzen im "Apollo-Kino" von Altenbögge (nach seinen eigenen Worten "eine dieser gesichtslosen Industrieansiedlungen im Ruhrgebiet") seine Phantasievorstellungen leibhaftig erfüllt sah, indem er in Begleitung seiner Eltern die Verfilmung von "Winnetou 1" sehen konnte. Dieses nachhaltige Erlebnis hielt er in späteren Jahren in einer Publikation "Von Angesicht zu Angesicht. Wie Winnetou einmal nach Altenbögge kam" (in: "Freunde fürs Leben",  Klartext Verlag, Essen 1996, Taschenbuch-Neuauflage) fest. Eine von vielen Pretiosen aus seinem reichen Leben.

Nachfolgend einige Eckdaten zu seinem vielschichtigen, breit aufgestellten Lebenslauf:

 

  • WS  1974 / 75, Studium der Publizistik, Germanistik, Neuere Geschichte
  • 1978  Praktische Filmarbeit: Kurzfilm "Strange Behaviour of Moving Pictures (Idee, Drehbuch, Co-Regie) zusammen mit Robert Fischer (München)
  • Ab 80er Jahre Programmarbeit und Programmhefte für den Filmclub Münster
  • Seit 1986 selbständiger Journalist, Publizist und Redakteur im Bereich Kultur mit den Schwerpunkten Film und Musik
  • Ab 1988 Geschäftsführer Münsteraner Arbeitskreis für Semiotik (MAkS) und Mitherausgeber der Schriftenreihe "MAkS-Publikationen: Film- und Fernsehwissenschaftliche Arbeiten"
  • 1989 Lehrerfortbildungen im Auftrag des Regierungspräsidenten Düsseldorf für den Bereich Medienpädagogik (mit Schwerpunkt visuelle Medien)
  • 1990 Magister Artium  im Fachbereich Publizistik an der WWU Münster, Thema der Magisterabeit: Erzählstrategien im Film-Geschichte, Formen und Funktionen am Beispiel von "L'Homme qui aimait les femmes" von Francois Truffaut
  • 90er Jahre Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Allgemeine und Historische Erziehungswissenschaft / Abt. Erziehungs- und Bildungstheorie der WWU Münster
  • 90er Jahre Lehraufträge an der WWU Münster im Bereich Medienpädagogik
  • 90er Jahre Vorträge und Moderation für Filmreihen des Westfälischen Kunstvereins
  • 90er Jahre Seminare für Lehrer, Studenten und Uni-Dozenten über den Dokumentarfilm für das Goethe-Institut (i.e. Casa Humboldt) in Ecuador
  • 1994 und 1995 Mitglied der Jury des Kultusministerium NRW bei den 41. und 42. Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen
  • Zuletzt tätig als Lehrer an einer Gelsenkirchener Grundschule mit dem Schwerpunkt Lese- und Sprachförderung

Uns verbindet bis heute eine immer noch von Musik, Film und Literatur geprägte Freundschaft. Mit seiner Frau Sabine und meinem Josef sind unsere heutigen Begegnungen mit auf- und anregenden Stunden angereichert, die den Austausch von Rezepten und der Fertigung von Topflappen nicht erfüllen. Seine ca. 3.800 verfassten Filmrezensionen bieten schier endlose Gespräche, die sich assoziativ ins Uferlose verlieren. 









Helga Westphal,
Münster
Ruth Leuwerik-Archiv

Helga ist meine Freundin. Wir begegneten uns als Arbeitskolleginnen und sie ist mir durch ihre obsessive lebenslange Leidenschaft zu Theater, Musik und Film sofort aufgefallen.
Ruth Leuwerik war die Nummer Eins in ihrem oben beschriebenen Enthusiasmus. An einem Sommertag im Jahre 1957 hat sie den Star der deutschen Filmgeschichte getroffen. Auf der Propsteistraße in Mauritz, im Elternhaus der Schauspielerin, sind sich die beiden erstmals begegnet – und haben sich nie wieder, bis zum Tod von Ruth Leuwerik, im Jahr 2016, aus den Augen verloren. „Sie sei wundervoll in ihrer Herzlichkeit gewesen, habe eine unvergleichliche Anmut ausgestrahlt und war der außergewöhnlichste Mensch, den sie je getroffen hat“ – so die eigenen Worte von Helga. Ein persönlicher Besuch von Ruth Leuwerik in ihrer Wohnung auf dem Schiffahrter Damm gehört sicherlich mit zu den bedeutendsten Ereignissen, die ihr Leben bereichert haben.
Zweifellos besaß Helga das umfassendste Archiv von Ruth Leuwerik; ihre Sammelleidenschaft, die Jahrzehnte ungebrochen andauerte, lässt diesen Rückschluss zu. Ihrer Initiative und Mitwirkung ist es zu verdanken, dass 1994 das Stadtmuseum Münster und 2004 das Filmmuseum Berlin zwei umfangreiche Ausstellungen organisierte, die von Presse, Funk und Fernsehen ausführlich bedacht wurden.
Helga übergab ihr über Jahrzehnte entstandenes Archiv dem Filmmuseum Berlin.

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Ruth Leuwerik, München
Schauspielerin

 



Sie war einer der großen deutschen Kinostars der 1950er Jahre.

 

Ihre ersten Auftritte fanden allerdings auf den „Brettern, die die Welt bedeuten“ statt. Engagements erhielt sie am Westfälischen Landestheater Paderborn, an den Städtischen Bühnen Münster, am Theater Bremen und auch Lübeck. Es folgten das Deutsche Schauspielhaus Hamburg, das Hebbel-Theater in Berlin und das Düsseldorfer Schauspielhaus.

 

Ihr Kino-Leinwanddebüt gab sie 1950 in der Filmkomödie „Dreizehn unter einem Hut“. Weitere Filme in loser unvollständiger Reihenfolge waren:
• Vater braucht eine Frau
• Ein Herz spielt falsch
• Königliche Hoheit
• Ludwig II
• Rosen im Herbst
• Die Trapp Familie
• Königin Luise
• Liebling der Götter
• Die Stunde, die du glücklich bist

Ihre Filmpartner waren unter anderem Dieter Borsche, O.W. Fischer, Hans Holt, Peter van Eyck, Rudolf Prack, Carl Raddatz, Thomas Holtzmann, Hardy Krüger u.v.m.
Mehrfach durfte ich Ruth Leuwerik begegnen. In jedem Fall während der beiden von Helga Westphal initiierten Ausstellungen. Die in den Münsterschen Kinos stattfindende Filmretrospektive wurde zum Teil auch durch Ruth Leuwerik persönlich mit ihrer Anwesenheit begleitet. Nach der Ausstellung im Stadtmuseum Münster wurde im alten Cafe Grotemeyer, in absolut passender Atmosphäre, ein Empfang für sie bereitet, der für eine Schauspielerin der Nachkriegszeit seinesgleichen sucht. Auch hier durfte ich durch Helga Westphal dabei sein. In einem ganz kurzen Gespräch, was zwischen Ruth Leuwerik und mir im Cafe Grotemeyer stattfinden konnte, fragte sie mich nach meinem Parfüm, das ich für diesen Anlass aufgetragen hatte. Ich war erstaunt über diese profane Frage, gab Antwort und es stand mir plötzlich eine Frau, die ihre weiblichen Attribute so unverstellt preisgab, und nicht die so sehr von mir verehrte Schauspielerin gegenüber. Das hatte mich dann sprachlos gemacht.

Es war mir auch vergönnt, die Mutter von Ruth Leuwerik, Frau Luise Leuwerik (geborene Sokolowski), kennenzulernen. Durch Absprache mit Helga Westphal lud sie zum Kaffee-Klatsch in ihr Haus in die Dechanei Straße in Münster ein. Viele Porträts und (Rollen-)Fotos waren von ihrer Tochter im Haus zu finden. Ruth Leuwerik war omnipräsent, sowohl was das Gesprächsthema des unvergessenen Nachmittags, als auch die Ausstattung des Hauses anbelangte.
Ruth Leuwerik starb 2016 und wurde auf dem Friedhof Nymphenburg in München beigesetzt. Auf ihrem Grabstein sind aus dem Gedicht „Im Herbst“ von Theodor Fontane folgende Zeilen zu lesen:

„Still wird’s! und als den tiefen Frieden
Ein leises Wehen jetzt durchzog,
Da mocht’ es sein, dass abgeschieden
Die Erdenseele aufwärts flog.“

 
















Carl Raddatz, Berlin
Schauspieler

 

In welcher deutschen Stadt ist die Wahrscheinlichkeit einer(m) „großen“ Schauspieler(in) zu begegnen oder dessen Aufführung zu besuchen am größten? Natürlich Berlin!

 

Helga und ich waren wieder einmal in der Bundeshauptstadt und fanden unter den vielen Ankündigungen einen Hinweis, dass Carl Raddatz im Wirtshaus Moorlake am Wannsee eine Lesung hielt. Es gab überhaupt keinen Zweifel, dass dies ein „Muss“ für die Auffüllung unserer musischen Akkus werden musste, zumal Carl Raddatz ein Schauspielkollege von Ruth Leuwerik in den Filmen „Geliebtes Leben“, „Rosen im Herbst“ und „Die Buddenbrooks“ gewesen ist.
Rauh und herzlich sind sicherlich die Attribute, die seine Stimme, sein meisterhaftes, packendes Spiel und vielleicht auch sein Leben prägten. Genauso erlebten wir ihn an diesem Abend im März 1995. Im Anschluss an die Lesung willigte Carl Raddatz am selben Abend wider Erwarten in eine persönliche Begegnung mit einem Glas Wein ein, und es entstanden nicht nur die Fotos, sondern auch ein überaus freundlicher und aufrichtiger Briefwechsel in der kommenden Zeit.
Für Helga war es eine große Bereicherung, von der sie sicher auch Ruth Leuwerik berichtet haben wird.

 


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Thomas Holtzmann
, München
Schauspieler

Diese für mich zeitlich leider nicht mehr einzugrenzende Begegnung ist sicherlich im Anschluss an eine Lesung, Diskussion oder auch Vortrag seiner späten Jahre einzuordnen. Seine Frau, Gustl Halenke, ebenfalls Schauspielerin, stand an seiner Seite, als er mir bereitwillig ein Autogramm gab. Ein kurzes Gespräch, in dem seine unverwechselbare sonore „rauchige“ Stimme direkt an mein Ohr drang, war einfach ein erlesenes akustisches Erlebnis.

 

Thomas Holtzmann hatte mit Ruth Leuwerik in dem Film „Geliebte Feindin“ (1955) zusammengespielt. In lockerer Anlehnung hat der Film das Thema der imperialistischen Rivalität zwischen Großbritannien und Frankreich (1898) zum Inhalt, in das natürlich ein unerfülltes Liebesverhältnis zwischen den beiden Hauptdarstellern, dem französischen Fremdenlegionär Sergeant Charly Brown (Thomas Holtzmann) und der Gattin des englischen Konsuls, Violante Gore (Ruth Leuwerik) verwoben ist.
Zweifellos war Thomas Holtzmann ein Theater-Schauspieler. Von 1966 bis 2001 hat er alle Bühnen des Deutschen Theaters betreten und mit bedeutenden Rollen bespielt.
Im Film / Fernsehfilm war er weitaus seltener zu sehen. So ist dieser Ausflug auf die Kinoleinwand mit Ruth Leuwerik sicher als eine Rarität zu werten.

 

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Georg van Almsick
, Gronau-Epe
Galerist

Horst Janssen ist für mich DER Zeichner des vergangenen Jahrhunderts. Oldenburg, die Stadt, die ihm zu Ehren ein verdientes und bedeutendes Museum errichtet hat, war für einige Jahre meine regelmäßige Pilgerstätte. So war es denn ohne Zweifel festgeschrieben, dass, nach einer Ankündigung in der Zeitung, die Galerie „Georg van Almsick“ zu besuchen war, die eine Ausstellung von Horst Janssen ankündigte. Auf dem Ausstellungsplakat, das Horst Janssen während eines Besuches von Georg in Hamburg gezeichnet hatte, war ein Selbstporträt mit folgender Widmung (in Spiegelschrift) zu lesen: „….müde, besoffen und sehr glücklich – und im Auftrag des Georg“.
Dieser Besuchs-Nachmittag im August 1995 war die Geburtsstunde einer fast 25jährigen Verbindung, ja, ich wage zu sagen Freundschaft, mit dem Galeristen Georg van Almsick. Alles was mir in Gronau Epe begegnete, alles was ich sah, erleben durfte, später auch mit gestalten durfte, war von außerordentlich reichem, ausgesuchtem, in jeder Weise großzügigem, verschwenderischem und erlesenem Kunstverstand geprägt. Lebensläufe der Künstler Robert Hammerstiel, Jan Te Wierik, Alexander Zakharov, Clemens Wieschebrink, Matt Rinard, Zoltán Szabó aber auch Marc Chagall, Picasso und eben Horst Janssen wurden mir eröffnet. Ich sog ihre Biografien, zum Teil ihre Anwesenheit bei den Eröffnungen der jeweiligen Ausstellungen, und natürlich auch ihr künstlerisches Werk wie einen Schwamm auf, und ich kann nicht leugnen, dass mich auch hier wieder einmal tief prägte, was ich erleben durfte.
Georgs künstlerische Bandbreite war groß: Sie reichte von der klassischen Moderne bis hin zu heutiger Kunst, wobei er ganz gezielt auch Kontakte in den Osten knüpfte, obwohl der Eiserne Vorhang damals noch fest geschlossen war. Kunstwerke und Künstler aus Russland und Ungarn waren immer wieder in der Galerie zu finden.
„Es hat wenig Sinn, Kunden zu überreden“, war Georgs Devise. „Die Bilder oder Skulpturen müssen für sich selber sprechen. Ich lasse die Gäste zunächst mit der Kunst allein, sie kommen, wenn ihnen etwas gefällt, ohnehin schnell zu mir und lassen sich dann in Ruhe beraten.“
Im Jahr 2002 bekam er den Kunstpreis der Stadt Gronau verliehen.
Regelmäige Konzertabende und Feste machten seine Galerie zu einem kulturellen Haus.
Es entwickelte sich eine Freundschaft, die mich zum Archivar seiner Ausstellungen festzurrte. Georg überließ mir den Kellerschlüssel und ich hatte die ehrenvolle Aufgabe (,die ich im Übrigen sehr gern übernommen habe!) lückenlos alle Vernissagen, einschließlich Dauer, Häufigkeit und Kurzbiografien der Künstler aufzulisten. Es waren circa 350 Künstler, die in seiner 40 jährigen Galeristentätigkeit ihm sein Vertrauen geschenkt hatten. Das nach circa einjähriger Arbeit entstandene Dokument legte Georg stolz zu jeder Ausstellungseröffnung in der Galerie aus. Zurecht. Georg war ein außerordentlich talentierter und kunstbeflissener Autodidakt, der sich zeitlebens mit Leib und Seele der Kunst verschrieben hat.
Georg starb 79 jährig in den Armen seiner ihm nahe stehenden Menschen, während er einen Film mit Zarah Leander sah.

 









Frederick Marvin,
Syracuse
Amerikanischer Pianist

Auf Einladung von Georg van Almsick lernte ich in seiner Galerie an einem Konzertabend den amerikanischen Pianisten Frederick Marvin kennen. Er spielte, was ihn zeitlebens internationale Anerkennung verschafft hatte, nämlich Fandangos des altspanischen Komponisten Padre Antonio Soler und Sonaten des böhmischen Komponisten Jan Ladislav Dussek. Die Atmosphäre und Stimmung dieser festlichen Abende ist nicht vergleichbar mit der in einem Konzertsaal. Georg verstand es mit Kerzenlicht, Anordnung der Sitzmöglichkeiten, Dekoration und einer sehr kenntnisreichen Einführung, vor Beginn des Konzertes die Darbietung bestens in Szene zu setzen. Es waren musikalische Sternstunden, die vor allem durch die Intimität nicht zu übertreffen waren.

Die „Kulturzeit“ im 3-Sat-Fernsehen hatte im zeitlichen Zusammenhang mit einem solchen Abend ein Porträt der hochbetagten deutschamerikanische Pianistin Grete Sultan ausgestrahlt. Hierauf sprach ich Prof. Frederick Marvin an, der im selben Moment von seinem Stuhl aufstand und außerordentlich erstaunt auf meine Worte reagierte. Es ist meine Nachbarin und Freundin in Syracuse, die mich häufig besucht und mit mir zusammen musiziert. An diesem Abend, im Jahr 2004, waren wir als Gesprächspartner nicht mehr auseinander zu bringen und es entwickelte sich ein intensiver Briefaustausch, der mich auch in den Besitz der meisten eingespielten CD’s von Frederick Marvin brachte. Ein Gewinn ohnegleichen.
1946 hat Frederick Marvin den „Carnegie Hall Award“, New York City, und im Jahr 2000 die „Cervantes Medaille“ von der Hispanic Society of America als Auszeichnung erhalten.

 













Rolf Hoppe, Dresden
Schauspieler

Rolf Hoppe wurde von der Salzburger Festspielleitung für die Zeit von 1983 bis 1989 als „Mammon“ für die Jedermann-Aufführung engagiert. Wohnhaft in Dresden, und dort auch noch am Dresdner Staatstheater in Festanstellung, war dieses Angebot in jeder Weise besonders, denn die Mauer fiel erst im letzten Jahr seines Engagements in Salzburg.
Mit meiner Kamera „holte“ ich die Schauspieler geschminkt und im Kostüm in einem Taxi ausfahrend, vor dem Festspielhaus ab, denn der Salzburger Dom, war von Max Reinhardt als Kulisse für dieses Theaterstück festgelegt worden. Im Verlauf des 7-jährigen Engagements muss ich wohl Rolf Hoppe mit dem Ergebnis aufgefallen sein, dass ich im Anschluss an eine Aufführung zu einem Treffen mit befreundeten Festspielgästen und SchauspielkollegInnen in den Felsenkeller eingeladen wurde. Hiermit war mein Enthusiasmus für diesen Schauspieler vollends ausgebrochen, zumal er an diesem Abend den Platz neben mir gewählt hatte.
Nach und nach erschloss sich mir seine Berühmtheit (allemal die in der damaligen DDR) und ich konnte kaum fassen, dass wieder einmal die Theaterwelt so nah an mich heranrückte.
Es ist vollkommen unzureichend diesen äußerst vielseitigen Schauspieler, Mimen, Sprecher und Komödianten in dieser kurzen unzulänglichen Form für sein lebenslanges Spiel zu würdigen. Es kann somit nur eine geringe Auswahl seiner filmischen Nachweise hier aufgeführt sein. Aber da gibt es ja noch Wikipedia!

International bekannt wurde Rolf Hoppe 1981 durch seine Darstellung des NS-Ministerpräsidenten von Preußen Hermann Göring in dem nach Klaus Manns Roman entstandenen Spielfilm Mephisto von István Szabó (Mitspieler waren u.a. Klaus Maria Brandauer, Krystyna Janda)
In Václav Vorlíčeks Märchenfilm Drei Haselnüsse für Aschenbrödel (1973) verkörperte Rolf Hoppe den König an der Seite von Karin Lesch.(Mitspieler waren u.a. Carola Braunbock, Karin Lesch)
In dem österreichisch-deutschen Spielfilm Comedian Harmonists (1997) stellte Rolf Hoppe den nationalsozialistischen Politiker Julius Streicher dar. (Mitspieler waren u.a. Ulrich Noethen, Ben Becker, Heino Ferch, Kai Wiesinger)
In Volker Schlöndorffs US-amerikanisch-deutschen Thriller Palmetto – Dumme sterben nicht aus (1998) spielte Rolf Hoppe den Felix Malroux.(Mitspieler waren u.a. Woody Harrelson, Gina Gershon)
In der Filmkomödie Alles auf Zucker! (2004) spielte Rolf Hoppe den Rabbiner Ginsberg.(Mitspieler waren u.a. Henry Hübchen, Hannelore Elsner, Udo Samel)
In Peter Schamonis Spielfilm Frühlingssinfonie (1983) war Rolf Hoppe der Vater von Clara Schumann, der Musiker und Musikpädagoge Friedrich Wieck (Mitspieler waren u.a. Nastassia Kinski, Herbert Grönemeyer)

Auch für sein Leben hatte ich die ehrenvolle Aufgabe seine Archivarin zu werden. Mit einem vollbeladenen Trabi stand er eines Tages vor meiner Wohnung und überließ mir sein gesamtes Archiv zum Ordnen und Katalogisieren. Es war nach getaner Arbeit die Grundlage für die Bücher „Von Dresden in die Welt“ und „Geträumtes Leben, gelebte Träume“.

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Rolf Hochhuth, Berlin
Deutscher Dramatiker

Der Literaturverein Münster hatte Rolf Hochhuth zu einer Lesung nach Münster eingeladen. Es muss Ende der Neunziger Jahre gewesen sein. Thema und eben auch genaues Datum sind von mir nicht mehr exakt zu benennen. Mein Motiv, diese Lesung zu besuchen, war meiner Aufmerksamkeit geschuldet, die mir durch sein Werk „Der Stellvertreter“ zuteil geworden war. Das Stück behandelt die Haltung des Heiligen Stuhls gegenüber dem Holocaust während des zweiten Weltkrieges. Mir war eine Theateraufführung von der Freien Volksbühne Berlin (1963) mit Dieter Borsche als Papst Pius XII bekannt, dessen Aufführungsfotos in meinen Händen waren. So bestückt begann ich nach der Lesung ein Gespräch mit Rolf Hochhuth, dessen Haltung als rigoroser Moralist und Mahner, insbesondere der Zeit des Nationalsozialismus, mir ganz deutlich wurde. Ich erlebte Rolf Hochhuth als einen zutiefst ernsten, harten und in seiner Haltung entschiedenen Rhetoriker, der mich sehr nachdenklich zurückließ.
Rolf Hochhuths Stück wurde 2002 von dem Filmregisseur Constantin Costa-Gavras mit Ulrich Tukur (Kurt Gerstein) und Ulrich Mühe (Mengele) in den Hauptrollen verfilmt.
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Rudolf Schock,
Düren
Opern-, Lied- und Operettensänger

Der Lindenhof in Münster, dieses wunderschön (vor dem damaligen alten Zoogelände) gelegene Ausflugslokal an der Promenade war der Ort, an dem Rudolf Schock 1985 sein Buch „Ach, ich hab in meinem Herzen“ vorstellte und auch Passagen daraus las. Nun stand ich wirklich vor dem Mann, den ich so oft als Kind, auf dem Küchenstuhl sitzend, aus unserem „Saba-Röhrenradio“ gehört hatte. Und das Schönste war: Meine Mutter, die Rudolf Schock so über alle Maßen verehrte, war bei mir. Seine Stimme ließ er an diesem Abend mangels Begleitung, respektive Orchester, leider nicht erklingen. Aber meine Mutter hielt ein von ihm signiertes Buch in der Hand, das über eine lange Zeit auf ihrem Nachtschränkchen lag.
Der Theaterwissenschaftler Gerald Köhler brachte das Oeuvre von Rudolf Schock auf den Punkt: „Sein Werk ist vor einer schnellen Kritik und oberflächlichen Klassifizierung zu schützen“. Da Rudolf Schock äußerst vielseitig in seinem künstlerischen Schaffen war, konnte die Beurteilung seines Werkes leicht in diese Wertschätzung abrutschen. Verfehlter könnte ein „Urteil“ nicht sein. Immer war für Rudolf Schock die Präsentation seines lyrischen, warmen, sicheren, leichten und geschmeidigen Tenors das Wichtigste, egal welches Genre er bediente. Seine strahlende hohe und elegante Stimmführung sucht unter den Tenören seinesgleichen und ist unverkennbar. Es ist unverzichtbar hier einige (für mich) bedeutende Gesang-Stücke zu benennen:

Lebe wohl, mein flandrisch Mädchen, Zar und Zimmermann, Albert Lortzing
Du bist die Welt für mich, Der singende Traum, Richard Tauber
Toselli Serenade, Spielmannslied
O Freund, ich werde sie nicht wiedersehen, Die tote Stadt, Erich Wolfgang Korngold
Caro mio ben, Giuseppe Giordani
Du bist meine Sonne, Giuditta, Franz Lehár

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Barbara Rütting, Marktheidenfeld
Schauspielerin, Autorin, Politikerin

Auch Barbara Rütting stellte eines ihrer zahllosen Bücher zur gesunden Ernährung und Lebenshaltung im Lindenhof, Münster im Jahr 1993 vor und las natürlich auch aus diesem. Das war allerdings nicht der Grund, warum ich mich (auch hier mit meiner Mutter) auf den Weg machte, um an diesem Ereignis teilzunehmen.
Sie hatte neben Oskar Werner in dem von Franz Antel gedrehten Historienfilm „Spionage“ (1955) die Rolle der Nadeschda von Korff gespielt, und ich wollte sie nach dieser Zusammenarbeit befragen. Oskar Werner stellte den Leutnant Zeno von Baumgarten dar, der ein heimliches homoerotisches Verhältnis mit Oberst Alfred Redl unterhielt. Ich legte ihr an diesem Abend ein Rollenfoto auf den Signiertisch, das sie erstaunt und auch befremdlich mit den Worten „…das sind längst vergangene Zeiten…“ zur Kenntnis nahm. Ihre später gewachsene Obsession zur vegetarischen Ernährung hatte der Schauspielkarriere ein Ende gesetzt, und wie mir schien, war die Erinnerung an diese Leinwand-Zeit absolut zweitrangig geworden. So verlief auch dieses Gespräch sehr dürftig und ich konnte lediglich ein Buch für meine Mutter mit Autogramm erwerben, was allerdings nicht auf ihrem Nachttisch zu finden war.

 








 

 







Michael Mendl, Berlin

 Schauspieler

 

Ich hatte Margarethe Krieger des Öfteren von Michael Mendl als ihren Schüler sprechen hören. Sie selbst war ja in Mannheim geboren und neben ihrer künstlerischen Profession als Deutschlehrerin und Kunsterzieherin in den gymnasialen Schuldienst eingetreten.
Michael Mendl begann während seiner Schulzeit (14-jährig) als Statist am Nationaltheater Mannheim seine Karriere.
So waren diese Tatsachen in Zusammenhang zu bringen und ich sprach Michael Mendl nach einer Lesung im Paulus Dom zu Münster auf mein Wissen und meine Begegnung mit Margarethe Krieger an. Ich glaubte, ihn mit meinen Worten in eine andere Welt katapultiert zu haben, denn es sprudelten die Ereignisse, Begebenheiten, Eindrücke und Erfahrung aus diesen Jahren nur so aus ihm heraus. Er sprach in Elogen von dieser Zeit, die ihn so außerordentlich durch die Kunsterziehung von Margarethe Krieger, seiner Mentorin und Pädagogin, geprägt hatten. Sehr bereitwillig und aufgeschlossen begann ein fast halbstündiges Gespräch (im Stehen vor der Sakristei des Domes!), das durch seine Erlebnisse und meine Begegnung mit Margarethe zu einer ganz dichten wechselseitigen Bereicherung wurde

 












Otto Sander
, Berlin
Schauspieler

„Wenn Du einen Schneck behauchst,
Schrumpft er ins Gehäuse.
Wenn du ihn in Kognak tauchst,
Sieht er weiße Mäuse“.

Diese Worte können nur aus der Feder eines tiefgründigen Humoristen stammen, der den Namen Joachim Ringelnatz trägt und genau mit dieser Ankündigung besuchte ich im Jahr 2010 das Berliner Ensemble, denn Otto Sander las diesen begnadeten Kabarettisten und Wortakrobaten auf seine ganz besondere Weise. Sorry, Otto Sander wirkte leicht besäuselt, aber das tat dem Vortrag, besser Vorspiel, in keiner Weise einen Abbruch. Im Gegenteil: Alle vorgetragenen Gedichte von „Unter Wasser Bläschen machen“ bis „In Hamburg lebten zwei Ameisen“ bekamen ein sehr bildreiches Gesicht mit den dazugehörigen, oft skurrilen Befindlichkeiten, so dass Joachim Ringelnatz selbstgewähltes Credo „Ich bin etwas schief ins Leben gebaut“ absolute Glaubwürdigkeit durch Otto Sanders Vortrag erhielt.
Es war einfach ein toller, unterhaltsamer, humoriger und beschwingter Abend.
Zwei Monate später besuchte ich das Schlossparktheater im Berliner Ortsteil Steglitz, um eine Lesung mit Hannelore Hoger zu besuchen. Im Foyer wartete ich auf den Einlass und es kam mit einer ungeheuren Zielstrebigkeit und absolut geraden Ganges Otto Sander auf mich und meine Kamera zu, geradeso als ob es einen Dreh-Track gäbe und er sich vor meine Linse platzieren müsste. Er blieb kurz davor stehen und sagte zu mir „Sie sind also auch wieder da“. Ich war total verdutzt und sprach ihn sofort auf seinen Ringelnatz-Abend an, woraufhin ich von ihm sagen hörte „Oh, ja, da war ich wohl etwas schief ins Leben gebaut“. Perplex über diese Offenheit tauschten wir noch Weniges aus und eigentlich waren die kommenden zwei Stunden mehr von Otto Sander als von Hannelore Hoger erfüllt.











Roger Willemsen,
Hamburg
Publizist

Das Pianohaus Micke ist eine autorisierte „Steinway & Sons“ – Vertretung für Instrumente der Extraklasse in Münster. Neben dem Verkauf dieser exzellenten Instrumente werden regelmäßig Konzerte und Veranstaltungen in dem über 700 qm großen Verkaufsraum angeboten. „Lang Lang“, der chinesische Pianist oder auch Herbert Grönemeyer waren unter anderem Gäste dieses Pianohauses. Im November 2004 hatte ich das Glück Roger Willemsen in Begleitung der Pianistinnen Anna und Ines Walachowski dort zu erleben. Zur Aufführung kam die Suite „Der Karneval der Tiere“ des französischen Komponisten Camille Saint-Saens. Roger Willemsen gab mit einer von ihm geschaffenen literarischen Bearbeitung den Tieren seine Stimme, eben im Wechsel mit der musikalischen Darbietung.
Es war hinreißend: Egal, ob es die Schar pickender und streitender Hühner oder der unbeholfene, trampelige Elefant oder der prachtvoll auf dem See dahingleitende Schwan war, die Harmonie zwischen Text und Musik war kongenial.
Mein geduldiges Warten nach Ende des Gastspiels wurde ausreichend belohnt! Er sprach mit mir über die beachtliche musikalische Kunst der Komponisten, den Tieren eine Stimme zu geben, so etwa in „Peter und der Wolf“, das „Forellenquintett“ oder der „Schwan von Tuonela“. Sein „Dozieren“ empfand ich als äußerst angenehm und erinnerte mich an die vielen Interviews im Fernsehen oder der Presse, die er in seiner überaus eloquenten rhetorischen und klugen Weise gegeben hatte. Er war ohne Zweifel einer der begnadetsten Könner der deutschen Sprache, der vor allem grammatikalisch korrekte Satzperioden sprechen konnte. Roger Willemsen hatte eine Präsenz, die ihresgleichen suchte.
Ich war tieferschrocken als ich von seinem frühen Tod im Jahr 2016 erfuhr. Ein oft von ihm gesprochenes Zitat „Man kann das Leben nicht verlängern, aber verdichten“ ist sicher auf sein nur 60 Jahre währendes Leben anzuwenden.












Michael Degen,
Hamburg
Schauspieler

Auch über die Abgabe meines Oskar Werner-Archivs hinaus an das Filmarchiv Austria interessierten mich Neu-Veröffentlichungen bezogen auf meinen „Gott im Olymp“ selbstverständlich. So auch das Erscheinen des Buches „Der traurige Prinz“ im Rowohlt Verlag von Michael Degen aus dem Jahr 2015. Der Untertitel dieses Buches lautet „Roman einer wahren Begegnung“. Diese hatte laut Klappentext im Jahr 1983 in Vaduz (in einem Hotel?) stattgefunden. Michael Degen schildert dieses Zusammentreffen als ein Konglomerat aller menschlichen Befindlichkeiten, so der künstlerische Zweifel, Tragik und Ruhm, eine gequälte Seele, Glanz und Triumph und letztendlich Selbstzerstörung.
Ich habe das Buch als gewollt und reißerisch empfunden. Es fehlte mir alles Differenzierte, Feine, Analytische und vor allem nachweisbar Authentische. Aber was ist posthum nicht alles schon geschrieben worden?
Eine bessere und vor allem persönliche Begegnung hatte ich mit Michel Degen im Rahmen einer Lesung aus der Vortragsreihe „Meister des Wortes“ im Westfälischen Landesmuseum Münster im Mai 1993. Sein Autogrammtisch war im Cafe des Museums eingerichtet. Geduld war meine Haupttugend geworden und als ziemlich letzter Gast erhielt ich eine Widmung in Hebräisch. Sie lautete „Alles Gute und Erfolg. Michael Degen 14.5.93“. Dieser Wunsch wurde für mich von ausgesucht schönen Händen geschrieben. Auf was Frauen nicht alles achten !?

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 Sergiu Celibidache, La Neuville-sur-Essonne bei Paris
Dirigent und Musiklehrer

Der „Bolero“ von Maurice Ravel kann ein sehr abgedroschenes Musikstück sein. Ich bekam ihn bei meiner Freundin unter dem Dirigat von Sergiu Celibidache zu hören und glaubte, ein vollkommen anderes Orchesterstück vermittelt zu bekommen. Überhaupt war es meine erste Begegnung mit diesem Ausnahmedirigenten. Seine Interpretation war von einem langsamen Tempi bestimmt, das nicht zu Lasten des Haltens der Spannung, bis zum Schluss des Stückes, ging. Ravel hatte für seinen Bolero eine Zeit von 17 Minuten vorgegeben. Sergiu Celibidache spielte es mit seinen Münchener Philharmonikern 18 Minuten und 11 Sekunden.
In einem später von mir gehörten Vortrag „Phänomenologie der Musik“ erläuterte Celibidache ausgiebig den Unterschied zwischen Tempo und Geschwindigkeit, wodurch mir die Auffassung seiner Spielweise dieses Stückes verdeutlicht wurde.
Nach seinem Musik-Verständnis ließ die Interpretation der Werke keine selbstherrlichen, harten und unbegründeten Effekte in der Musik zu, was bei dem weltweit großem Publikum Reaktionen von enthusiastischen Jubelstürmen bis hin zu verständnisloser Kritik auslöste. Ich gehörte zu den Erstgenannten.
Unzählige Zitate gibt es überliefert von unzähligen Künstlern. Dem nachfolgenden von „Celi“, wie er liebevoll von seinen Anhängern genannt wurde, mag ich Glauben schenken:
„Jeder Dirigent ist ein verkappter Diktator, der sich glücklicherweise mit der Musik begnügt“.















Wilfried Schmickler,
  Köln
Kabarettist

Gibt es jemanden, der nicht die Mitternachtsspitzen gesehen hat? Für mich kaum vorstellbar, denn neben Jürgen Becker & Co gab es zu Beginn dieser Sendung das feste Ritual den „Überschätzten Paaren der Weltgeschichte“ beizuwohnen. Hier agierte Wilfried Schmickler meist als Angela Merkel mit den Pseudo-Partnern Joachim Sauer, Silvio Berlusconi, Karl Lagerfeld, Wladimir Putin und, und, und. Das Ende der Sendung war wiederum ein Beitrag von Wilfried Schmickler, der mit den Worten „Aufhören, Herr Becker, aufhören“ eingeleitet wurde und zum Inhalt eine gewaltige Moralpredigt mit enormer Sprachgewalt hatte, die die jeweils aktuellen Missstände in Politik und Gesellschaft auf das Schärfste anprangerte. Von 1992 bis 2020 war Wilfried Schmickler ein ständig Mitwirkender der Sendung „Mitternachtsspitzen“.
Wenn wundert es, dass es mich im Jahr 2010 in die Aula am Aasee zog, um ihm persönlich bei seiner Schimpfkanonade „Weiter“ beizuwohnen. Es kam wie erwartet: Spott-Gesänge, Schmäh-Tiraden, Text-Kaskaden – alles angereichert mit dem Zwischenton meist bissiger Poesie.
Nach wie vor ist Wilfried Schmickler für mich der Kabarettist Nummer Eins in unserer Gesellschaft, die so sehr Mahner, provokante Aufrüttler und investigative Kritiker nötig hat.














 

   Robert Kreis, Berlin / Den Haag 

 

Kabarretist / Entertainer

Ein Akkordeon kann seine neun Kilogramm Gewicht spielend auf die Waage bringen. Wenn man es mit viel Schwung, Elan und Energie über lange Zeit zum eigenem Gesang bewegt, muss es Probleme mit der Schulter-, Nacken- und Halsmuskulatur geben.

 

So traf ich im Mai 1992 das erste Mal Robert Kreis, ungeschminkt, ohne Menjou-Bärtchen, in der Cafeteria der Klinik für manuelle Therapie in Hamm, weil sein Akkordeon ihm die oben geschilderten Beschwerden „geschenkt“ hatte. Es dauerte einen Tag, bis dass ich sein Alltags-Gesicht in die Maske des Entertainers stecken konnte, der so fantastisch die goldenen 20er Jahre mit seinen Auftritten auf die Bühne zaubern konnte. Im Fernsehen hatte ich ihn in seinen Programmen, mit Frack und Strunztüchlein und vor allem dem Charme seines holländischen Akzents, unzählige Male begeistert gesehen.
Ich fasste mir Mut, sprach ihn an und hatte das Glück für die Dauer unseres Klinikaufenthaltes viele tolle, bereichernde und lebendige Gespräche mit ihm zu führen. Bis zum heutigen Tag haben wir uns nicht aus den Augen verloren. Er war Stargast bei meinem sechzigsten Geburtstag, trat bei meiner Freundin als Abendsensation zu ihrem runden Geburtstag auf, ich sah ihn in Berlin, Köln und Hamburg und durfte stets nach seinem Auftritt an die Garderobentür klopfen, an die sich meist ein Gläschen Wein anschloss.
Robert Kreis mag ich nicht in die Riege der sonst bekannten Entertainer einordnen. Seine immer wieder in seinen Programmen zu findende Passion ist es, den jüdischen Kulturgeist der Weimarer Zeit zu bewahren. So findet man in seinem Repertoire Chansons von Fritz Grünbaum, Kurt Gerron, Friedrich Hollaender oder auch Rudolf Nelson.
Wenn Robert Kreis das Lied „Irgendwo, auf der Welt, gibt’s ein kleines bisschen Glück“ von Werner Richard Heymann vorträgt, geht mir das Herz auf. Ohne Umweg nimmt es den Lauf zu Sehnsucht und Hoffnung, die in die von uns allen gewünschte Zufriedenheit mündet .

 

 











Matthias Habich
, Paris
Schauspieler

 


Thorsten Lensing wählte für die Aufführung seiner Inszenierung des „König Lear“ das 1985 gegründete freie „Theater im Pumpenhaus“ in Münster aus. An drei aufeinanderfolgenden Abenden im Mai 2002 war diese Tragödie Shakespeares, mit Matthias Habich in der Hauptrolle, zu erleben.

 

Ein auf das sparsamste reduzierte Bühnenbild, die begrenzt kleine Bühne, eine karge Beleuchtung, die genügsame Garderobe waren ohne Belang durch ein Spiel von absoluter Mäßigkeit, mit Gesichtern, in denen die tragischen Komplexe der Tragödie sich widerspiegeln und erlesene Schauspieler, die die Fähigkeit besitzen, die Worte Shakespeares durch ihren Körper sprechen zu lassen. Das Agieren war kaum erlaubt – das Denken schon.
Die Aufführung war unfassbar gut. Besser: Die Aufführungen waren gut, denn ich besuchte alle drei!

 

 


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Burghart Klaußner
, Paris
Schauspieler

„Vor dem Anfang“ heißt der Debüt-Roman von Burghart Klaußner, aus dem er im September 2018 in der „Akademie Franz Hitze Haus“ vorlas.
Der Verlag Kiepenheuer & Witsch beschreibt den Roman folgendermaßen:
„Der großartige Schauspieler Burghart Klaußner erzählt von zwei Männern, die es geschafft haben, den Krieg zu überleben, indem sie den Kopf unten hielten. Und die es auf den letzten Metern doch noch kalt erwischt: Sie erhalten den Auftrag, die Geldkasse ihrer Einheit ins Reichsluftfahrtministerium zu bringen. Nach Berlin-Mitte – einmal quer durch die zerbombte Stadt. Und das einzige Beförderungsmittel, das sie haben, sind ihre klapprigen Fahrräder.
»Vor dem Anfang« ist ein kraftvoller Roman über Freundschaft, über das Ende einer Welt und die Hoffnung auf einen Neubeginn. Voller Düsterkeit, aber auch Wärme und feinem Humor.“
Dieser außerordentliche Schauspieler ist durch die Vergegenwärtigung seiner Filme am ehesten treffend zu beschreiben. Hier eine Auswahl:
• Brecht (zweiter Teil der Filmbiografie)
• Der Staat gegen Fritz Bauer
• Das weiße Band
• George
• Elser – Er hätte die Welt verändert
• Die Unschärferelation der Liebe
• Das Adlon
• Tatort: Hackl
















Christiane Hörbiger, Wien

 Schauspielerin

 

Der Festsaal des Rathauses Münster zeigt eine besonders angemessene Atmosphäre für glänzende Darbietungen von kultivierten, galanten und hoffähigen Vortragskünstlerinnen.
Die Lesung von Christiane Hörbiger, der Schauspielerin der Extravaganz, brachte dem Publikum den Briefwechsel zwischen Arthur Schnitzler und Tilla Durieux aufs Innigste und Feinste in diesen absolut passenden Räumlichkeiten zu Ohren. Meistens begannen die geschriebenen Zeilen mit der Anrede „Geliebte Dilli“. Christiane Hörbiger verstand es die richtige Melange aus Ernst und Komik, Heiterkeit und Schwere in diese Briefe einzubetten und adäquat vorzutragen. Ein Abend mit viel Applaus.
Bei Besuchen in Wien pilgerte ich stets nach Grinzing in die Himmelstraße 24. An diesem Platz war die „Hörbiger-Villa zu finden. Die gesamte Dynastie, also auch Christiane Hörbiger, hatte hier ihr Zuhause gefunden und blieb bis zum Jahr 2015 in dessen Besitz. Paula Wessely, die Grande Dame, die Doyenne des Wiener Burgtheaters, hat diesen von ihr selbst im Jahr 1935 erworbenen Besitz nie verlassen.


 

 

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Ewald Balser
, Wien
Schauspieler

Auch diesen Kontakt habe ich Margarethe Krieger zu verdanken. Sie führte eine Freundschaft mit der Tochter von Ewald Balser, der ich meinen Filmfundus ihres Vaters zukommen ließ und die sich daraufhin herzlich per Post bedankte.
Der Film „Sauerbruch, Das war mein Leben“ hatte meine erste Aufmerksamkeit auf diesen Schauspieler, mit seiner überaus nachhaltigen Präsenz, Statur und der deutlichen, klaren und unverblümten Stimme, gelenkt. Wen sollte es da wundern, dass Oskar Werner ihn für die Rolle des Königs, in seiner Salzburger Hamlet-Inszenierung, besetzte.
Drei weitere Male war er filmisch noch mit Oskar Werner verbunden:
• In „Das gestohlene Jahr“, einer Romanfragment-Verfilmung von Stefan Zweig, spielte er den Dirigenten Olav Svendström; Oskar Werner spielte die Hauptrolle des Peter Brück
• In „Oberst Redl / Spionage“ spielte er den Oberst Alfred Redl; Oskar Werner spielte die Rolle des Zeno von Baumgarten
• In „Eroica-Ludwig van Beethoven“ spielte er die Rolle Beethovens; Oskar Werner spielte die Rolle des Neffen Karl
In seinem 1942 gedrehten Film „Rembrandt“ hatte der Maskenbildner eindrucksvolle Arbeit geleistet. Insbesondere der alte Rembrandt bestach durch die ausgezeichnet fotografierte Lichtgestaltung und Schattenwirkung von Falten und Mimik mit dem Ausdruck eines gelebten Künstlergesichtes.

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Jewgeni Kissin, Moskau / London
Pianist

 

Bei einem seiner unzähligen Auftritte in Salzburg hatte ich das Glück im Künstlerzimmer dieses großartigen Ausnahme-Pianisten ihm gegenüber zu stehen und ein Autogramm zu erhalten.
Beim Silvesterkonzert der Berlinger Philharmoniker im Jahr 1988 spielte Jewgeni Kissin unter der Leitung von Herbert von Karajan das b-Moll-Konzert von Tschaikowski und erreichte damit seinen internationalen Durchbruch. Damit hatte er auch mich „vom Stuhl gerissen“ und noch zahlreiche weitere Male in Superlativen schwelgen lassen.
Es gleicht der Blasphemie irgendein von ihm präsentiertes Musikstück hier besonders herausheben zu wollen, weil dieses Genie des Pianos einfach vollkommen ist. Sein Spiel ist beseelt, von außergewöhnlicher Musikalität und höchst intensiv und gleichzeitig sensibel den jeweiligen Komponisten angepasst.

 

 












Lars Eidinger, Berlin
Schauspieler

Ich bin mir sicher, dass „Richard III“ mich das erste Mal voller Faszination auf Lars Eidinger aufmerksam machen ließ. Unter der Regie von Thomas Ostermeier sieht man die von Eidinger entstehende Verführungskraft des Bösen bis zur brutalsten Vollendung. Richard ist hässlich, eine Frühgeburt, missgestaltet, humpelnd und bucklig, der mordend und vernichtend seinen Weg auf den Thron verfolgt. Als er kopfüber, tot und bleich, an einem Fuß hängend in den Himmel der Bühne entschwebt, ist sicher, dass sein Plan misslungen ist. Einfach grandios. Shakespeare und  Eidinger!

2017 las Eidinger im Kleinen Haus, Münster, Liebesgedichte von Thomas Brasch.

 

Es war ein Abend, der ein Foto mit ihm im Gepäck hatte. Mann oh Mann! Ob ich stolz war?

 












Mario Adorf, München
Schauspieler

Die 5. Nordwalder Biografie-Tage (September 2012) hatten -wie auch immer- das Urgestein der deutschen Schauspielkunst in diese Gemeinde, nordwestlich von Münster, zur Lesung geladen. Mario Adorf stellte sein Buch „Mit einer Nadel bloß“ vor, in dem er seiner von ihm sehr verehrten Mutter ein liebevolles Gedenken widmet.

Vor mir saß ein Schauspieler, dessen Name die Deutsche Filmgeschichte durchgängig geprägt hatte und für eine skandalfreie und kontinuierliche Karriere stand. Ich erinnerte mich an:

Der Arzt von Stalingrad
Nachts, wenn der Teufel kam
Das Mädchen Rosemarie
Schachnovelle
Ganovenehre
Die Herren mit der weißen Weste
Die verlorene Ehre der Katharina Blum
Die Blechtrommel
Lola
Rossini
Via Mala
Kir Royal
Der große Bellheim
Der Schattenmann
Die lange Welle hinterm Kiel
Und nun konnte ich ihn mit sehr einfühlsamen, ureigenen und persönlichen Worten erleben, die er während seiner (Film-)Karriere immer so sorgfältig vermieden hatte. Es war ein Abend mit viel Herz und Seele.

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Thomas Thieme
, Weimar
Schauspieler

Die Rieselfelder sind ein Vorgelschutzgebiet auf den ehemaligen Verrieselungsflächen der Abwässer der Stadt Münster. Sie sind ein Brut- und Rastgebiet für gefährdete Vogelarten. Zudem sind sie auch ein Rückzugsgebiet für Vogelarten, die ganzjährig im Münsterland anzutreffen sind.

Inmitten dieses Naturschutzgebietes steht das "Rieselwärterhäuschen", das seit 2016 der Treffpunkt für die "Rieselfelder-Kulturtage" beherbergt, und Thomas Thieme ist ein regelmäßiger Gast dort. Er selbst sagt über diesen Aufführungsort "Es gibt poetische und weniger poetische Spielorte. Die meisten sind mit dem Wirkungsziel "Poesie" errichtet. Das kann man von einem Rieselwärterhäuschen nicht behaupten. Unscheinbar mitten im Feld, eigentlich verloren und verlassen. Aber es fordert auf, sich drumherum zu versammeln und große Texte und schöne Musik aufzuführen und anzuhören. Wir wollen die Aufführer sein."

Ich hatte das große Glück zwei Meter vor ihm zu sitzen, seine angenehm einnehmende Stimme genau zu hören, seine Mimik, seinen Habitus zu beobachten und eben diese Fotos aufzunehmen.
Auch hier ein kleiner Abriss seiner Filmografie:
Der Untergang
Das Leben der Anderen
Krupp, eine deutsche Familie
Rommel
Das Adlon
Babylon Berlin

 

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104 Mittel
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Udo Samel, Berlin
Schauspieler

1986 wurde die Verfilmung „Mit meinen heißen Tränen“ über das Leben des Komponisten Franz Schubert, in der Titelrolle mit Udo Samel, erstmals ausgestrahlt. Der Titel des Films ist ein Zitat aus dem vierten Lied „Erstarrung“ von Franz Schuberts Liederzyklus „Winterreise“. Diese Verfilmung war das Ausrufezeichen hinter meiner Erkenntnis, dass Franz Schubert der mich am innigsten berührende Komponist war und bis heute blieb. Udo Samel spielte Schubert äußerst authentisch und zeigte das Bild eines unglücklichen Menschen, einer immens verschlossenen Natur, losgelöst von der Zeit des gemütlichen Biedermeier. Dieser kleine, nur 1,57 Meter messende Mensch, horchte ununterbrochen in sich hinein, in seine ganz eigene Welt und komponierte so grandiose Musikstücke wie das Forellenquintett, Impromptus, die Winterreise, Moments musicaux und nicht zuletzt seine Unvollendete Sinfonie in h-moll.

1994 sah ich Udo Samel persönlich wieder. Er spielte den Teufel im Jedermann bei den Salzburger Festspielen. Als Gegenspieler Gottes appellierte er mit zwei Hörnchen auf dem Kopf, im knatschengen kardinalspurpurnen Lederanzug und zwei Klumpfüßen flink und diabolisch vor Jedermanns Gewissen flink auf und ab, um doch als eindringliche aber vergebliche Mahnung wieder abzutreten.

2018 erlebte ich dann die zweite persönliche Begegnung mit Udo Samel. Im „Kleinen Haus“ in Münster brillierte er in der szenischen Lesung „Halpern & Johnson“ von Lionel Goldstein. Der Tod einer geliebten Frau führt zwei Männer, ohne einander zu kennen, zusammen und auf diese skurrile Art und Weise beginnt eine wunderbare Freundschaft.

Nach der Lesung wagte ich mich mit meinen „Jedermann“-Fotos in seine Garderobe und bekam eine Unterschrift auf meine Fotos. Den Zusatz „für Anne“ gab er auf meine Bitte hin sichtlich ungern mit den Worten „…..ist das nicht ein bisschen viel?“    -Für mich nicht!-  Die Freude war groß!

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Katharina Thalbach, Berlin
Schauspielerin / Regisseurin

 

Die „Poetry“ – Reihe, findet alle zwei Jahre in Münster statt und steht natürlich im Zeichen der Dichtkunst. Sie will als Rahmenprogramm für das Lyriktreffen verstanden werden, das mit der Verleihung des Preises der Stadt Münster für Internationale Poesie endet. Diese „Poetry“-Reihe hatte im Mai 2013 Katharina Thalbach zu Gast. In der Stadthausgalerie las sie Texte von Thomas Brasch („Die nennen das Schrei“, Gesammelte Gedichte) vor. Im Alter von 15 Jahren hatte Katharina Thalbach den Lyriker, Schriftsteller und Drehbuchautor kennengelernt und blieb bis zu dessen Tod mit ihm befreundet.

 

Zum Signieren des käuflich zu erwerbenden Gedichtbandes hatte sie sich vor der Stadthausgalerie an einen provisorisch aufgestellten Tisch positioniert; so erhielt auch ich mein Foto.
Beide oben genannten Namen sind im Exposé nicht zu beschreiben. Es wären vollkommen unzulängliche Fragmente, die ihrem tatsächlichen künstlerischen Wert nicht entsprechen würden. Daher bleibt auch hier nur das Recherchieren über eine Suchmaschine.

 

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Rolf Escher, Essen
Zeichner, Grafiker 

 

 

Das Kloster Bentlage liegt am Ufer der Ems, nördlich von Rheine im Münsterland. Einen passenderen Ort für seine 2018 stattgefundene Ausstellung „Im Wald der Erinnerungen“ konnte Rolf Escher kaum wählen – es sei denn, er hätte sich einen der unzähligen, alten und ehrwürdigen Palazzi in Venedig ausgewählt. Dann hätte ich allerdings kaum diese außergewöhnliche Ausstellung besuchen und vor allem Rolf Escher nicht persönlich erleben können. Ich möchte hier einmal den Menschen Rolf Escher hervorheben, der mit leiser Stimme, freundlichen blauen Auge, zugewandt und auf natürlichste Weise den Menschen und mir begegnet ist. Ein ganz und gar sympathischer Künstler.

 

Meine Entscheidung die Zeichnung „Pulcinellas Auszug“ zu wählen, war spontan und genau richtig für mein Zuhause. Pulcinella, die Figur der Commedia dell’Arte, ist ein frecher, lustiger und voller Possen steckender Diener, der in diesem Fall wohl seinem Dienst nicht mehr nachkommen muss und die Sänfte für seinem Auszug aus dem Palazzo Rezzonico in Venedig bevorzugt.

Wer die Verbundenheit von Rolf Escher zu Venedig intensiver erfahren möchte, dem hilft auch hier eine einschlägige Suchmaschine weiter. Zu empfehlen ist darüber hinaus sein Skizzenbuch „In Venedig gezeichnet“.

 

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Annemarie Hülsbömer, Münster
Malerin, Zeichnerin

 


Eine Freundschaft in späten Lebensjahren zu schließen, ist etwas Besonderes. Mir wurde dieses Geschenk zuteil, indem ich im Bekanntenkreis auf diese Frau aufmerksam wurde, die sich durch ihre Lebendigkeit und aufgeschlossene Art auszeichnete. Wir kamen ins Gespräch und so geschah es, dass ziemlich schnell der gleiche und uns verbindende Schwung, Humor und Witz und eben auch kreatives Verständnis deutlich wurde. Irgendwann holte Anne aus ihren Schubladen und verborgenen Kästen ihre Sammlung von zeichnerischen Arbeiten hervor, die mich ins Staunen versetzten und auch faszinierten. Es war eine Abfolge von „‘das darf man doch nicht einfach so schlummern lassen‘, ‚andere Menschen erfreuen sich auch an diesen Impressionen‘ bis ‚das muss in die Öffentlichkeit‘ “, die dann zur Veröffentlichung ihres Buches „Bilder und Gedanken im Fluss des Lebens“ führte. Der Stolz war groß!

 

Zu meinem großen Bedauern hat sie Pinsel, Stift und Farbe zu weit weggelegt. Da schlummern noch ganz viele Bilder, die in die Welt möchten. Ob sie das wohl weiß?
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Olga Scheps, Köln
Pianistin

Ein weiteres Mal hatte das Pianohaus Micke in Münster in die Schatztruhe der KlavierspielerInnen gegriffen und die Künstlerin Olga Scheps für einen Abend der Klassischen Musik gewinnen können. Im Oktober 2023 erlebten wir einen virtuosen Abend mit Klavierstücken von Franz Liszt, Robert Schumann und Frederic Chopin.
Wir konnten eine ausdrucksstarke und gleichzeitig behutsame Pianistin erleben, die besondere Freude an der Komposition „Rhapsodie espagnole“ von Franz Liszt zeigte, die sie fast mit einer Entschuldigung als Zugabe ein zweites Mal spielte. Hier hörte und sah man sie noch ein wenig expressiver und körperlich bewegter. Wie sie sich zuvor äußerte, hatte sie dieses Stück neu in ihr Repertoire aufgenommen.

Olga Scheps wurde 1986 in Russland geboren und begegnete während ihres 1999 in Deutschland begonnenen Klavierstudiums im Alter von 15 Jahren Alfred Brendel. Von ihm erhielt sie wichtige künstlerische Impulse. 2017 drehte der WDR unter der Regie von Marion Ammicht einen Dokumentarfilm über sie.

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Udo Lindenberg,
Hamburg
Rockmusiker, Schriftsteller und Maler

Meine Freundin Anne und ich hatten für ein Ausspann-Wochenende das Hotel Atlantic gebucht. Ja, und wie soll man dieses Phänomen beschreiben, da stand er plötzlich im Foyer dieser Nobelherberge, die ja sein Dauerdomizil war, und ließ sich ohne Probleme ansprechen und fotografieren. Auf meine Fragefloskeln hin hörte ich nur ein Nuscheln (obwohl er im Jahre 2010 den „Kulturpreis Deutsche Sprache“  -als eine Unterkategorie des Jacob-Grimme-Preises- verliehen bekommen hatte) und dieses wurde auch noch durch das damalige erforderliche Tragen eines Mundschutzes (Corona-Zeit) unterstützt. Es hatte sich schnell eine Menschentraube um ihn versammelt, was er jedoch sichtlich genoss und nicht als störend empfand. So entstand auch dieses Fotos mit der für ihn typisch hochhebenden Hand für das symbolische „Peace- Victory-Zeichen“.

In den 1980 Jahren widmete sich Udo Lindenberg auf seine Art musikalisch den innerdeutschen Beziehungen. Er schickte Erich Honecker eine Lederjacke, worauf er im Gegenzug eine Schalmei von ihm erhielt. Hieraus leitet sich sein Slogan und Titelsong „Gitarren statt Knarren“ ab.